Innovative nuklearmedizinische Therapie für Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom
| Datum: Donnerstag, den 11.05.2023 um 10:50 Uhr
Gemeinsame Pressemitteilung
Chemnitz – Als erstes Krankenhaus in Sachsen bietet das Klinikum Chemnitz eine erst kürzlich zugelassene nuklearmedizinische Therapie, die sogenannte Radioliganden- Therapie, für Patienten mit Prostatakrebs im fortgeschrittenen, also metastasierten Stadium an. Bei der innovativen Behandlungsmethode werden die Tumorzellen von innen bestrahlt und zerstört. Dafür wird per Infusion ein Therapeutikum verabreicht, in dem sich mit radioaktiver Substanz kombinierte Moleküle – sogenannte Radioliganden – befinden. Diese Liganden docken an Eiweißstrukturen auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen an und zerstören diese durch Strahlung. Das gesunde Gewebe und die inneren Organe werden geschont, da die Strahlung nur wenige Millimeter weit ins umliegende Gewebe reicht.
Die Eiweißstrukturen auf Prostatakrebszellen heißen prostataspezifisches Membran-Antigen (PSMA). PSMA-bindende Moleküle, ausgestattet mit einer niederenergetischen Gamma-Strahlung, werden in der Nuklearmedizin schon seit Jahren zur Diagnostik bei Prostatakrebs eingesetzt. Nun wurde von der Firma Novartis ein PSMA-gerichtetes Therapeutikum auf den Markt gebracht, mit dem ein hochenergetischer, therapeutisch wirksamer Beta-Strahler in den Körper des Patienten gebracht und so der Prostatakrebs zielgerichtet behandelt wird. Dieser Strahler (Lutetium-177) sendet außerdem eine geringe Menge Gamma-Strahlung aus, mit der anschließend die korrekte Verteilung des Therapeutikums überprüft werden kann. Diese Kombination von Therapie und Diagnostik in der Nuklearmedizin wird Theranostik genannt und hat in den vergangenen Jahren in der systemischen Behandlung von metastasierten Krebserkrankungen bedeutende Fortschritte gemacht.
„Die PSMA- oder Radioliganden-Therapie schlägt bei Patienten mit weit fortgeschrittenem, metastasiertem Prostatakarzinom gut an und die Nebenwirkungen sind gering – das haben Studien gezeigt und das sehen wir auch bei den Patienten, die wir behandeln“, sagt Prof. Klaus Zöphel, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin des Klinikums. Bislang haben zwei Patienten diese innovative Therapie erhalten. Die Behandlung umfasst typischerweise sechs Infusionen im Abstand von jeweils sechs bis acht Wochen. Zuvor wird mittels PSMA-gestützter Bildgebung bei den infrage kommenden Patienten geprüft, ob der Tumor überhaupt auf das Therapeutikum ansprechen würde. Nur wenn dies der Fall sei, werde mit der Therapie tatsächlich begonnen. „Die Kombination von Therapie und Diagnostik hat zudem den Vorteil, dass der Weg des Radiopharmakons im Patienten verfolgt und somit Wirkung und Nebenwirkungen dieser Therapie exakt gemessen werden können“, so Zöphel weiter.
„Mit der innovativen nuklearmedizinischen Therapie können wir unseren schwerkranken Prostatakrebs-Patienten nun etwas anbieten, nachdem Behandlungen wie neuartige Hormontherapie und Chemotherapie ausgeschöpft sind“, sagt Prof. Michael Fröhner, Chefarzt der Klinik für Urologie der Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz und Leiter des Prostatakarzinomzentrums, in dem beide Chemnitzer Krankenhäuser eng zusammenarbeiten. Zwar könnten die Patienten damit nicht von der Erkrankung geheilt werden, doch er sei zuversichtlich, dass in vielen Fällen der Krebs zurückgedrängt werden könne und die Patienten Aussicht auf mehr Lebenszeit und weniger Schmerzen haben. Die Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz und das dort angesiedelte und von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Prostatakarzinomzentrum kooperieren seit 2013 mit dem Klinikum Chemnitz in einer gemeinsamen Tumorkonferenz, in der jeder einzelne Patientenfall vorgestellt und gemeinsam die individuell beste Therapie festgelegt wird. Jährlich werden im Zentrum rund 700 Patienten interdisziplinär besprochen.
Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind pro Jahr etwa 63.400 Neuerkrankungen zu verzeichnen. Das Prostatakarzinom zählt zu den bösartigen Tumoren, wächst jedoch in der Regel langsam. Je früher die Erkrankung diagnostiziert wird, desto höher sind die Heilungschancen.
Hinweis für Medienvertreter: Dieser Pressemitteilung sind zwei Fotos beigefügt. Eines zeigt die beiden Chefärzte (von links) Prof. Klaus Zöphel und Prof. Michael Fröhner. Auf dem anderen ist der erste Patient zu sehen, der die innovative Radioliganden-Therapie am Klinikum erhalten hat. Auf dem Bild wird er gerade während der Infusion betreut vom Geschäftsführenden Oberarzt und Leiter der Therapiestation der Klinik für Nuklearmedizin, Dr. med. Karsten vom Scheidt, Assistenzärztin Isabel Schönemann und Stationsschwester Grit Heinz (von rechts).