Patientengeschichte Glioblastom

Mit 44 Jahren bekam Torsten Langner die Diagnose Glioblastom: ein bösartiger Hirntumor. Heute zum Glioblastomtag erzählt uns seine Ehefrau Sandra, wie es ihrem Mann und ihrer Familie heute, rund sieben Jahre nach Diagnose, mit der Erkrankung geht.

„Ich habe sofort gemerkt, dass etwas mit dem Kopf meines Mannes nicht in Ordnung ist. Er erzählte seltsame Dinge und war wesensverändert“, sagt Sandra Langner. Als ihr Mann Torsten Langner im November 2016 auf Arbeit zusammenbrach und sich dabei am Ohr verletzte, wurde im Krankenhaus zuerst eine kardiologische Ursache vermutet. Bei einem Schädel-MRT wurde dann eine Hirnblutung festgestellt. Diese überdeckte den eigentlichen Tumor, sodass erst bei einer Nachkontrolle drei Monate später ein Glioblastom ersichtlich wurde.

„Nach der Diagnose, die ein Schock für uns war, mussten wir einfach funktionieren, weitermachen. Es war wirklich eine sehr anstrengende Zeit, aber wir haben sie bewältigt, so gut es ging. Für meinen Mann hieß das: Ich nehme es wie es ist und mache das Beste daraus“, so Sandra Langner. Sie und ihr Mann Torsten sind seit 25 Jahren verheiratet und wohnen in Chemnitz. „Wir sind stark für unsere Kinder. Das Leben mit Torstens Erkrankung ist zur Normalität geworden. Er kann weiterhin laufen, sprechen und an unserem Leben teilhaben. Das ist für uns ein großes Geschenk“, sagt Sandra Langner.

Das Glioblastom ist ein hirneigener Tumor, der sich aus den Gliazellen, dem Stützgewebe des Gehirns, entwickelt. Patienten mit einem Glioblastom haben trotz Anwendung modernster Therapiemethoden eine ungünstige Prognose. Die Tumorzellen eines Glioblastoms teilen sich meist sehr rasch, sodass es zu einem schnellen und aggressiven Wachstum kommen kann.

„Es spielt eine Rolle, wo sich der Tumor im Hirn befindet. Ist ein Glioblastom schwer erreichbar oder liegt es in wichtigen Hirnregionen, ist eine vollständig operative Entfernung schwer möglich. Bei Torsten Langner war der Tumor jedoch bildgebend komplett operierbar, aber nah an sprachrelevanten Regionen“, erklärt Dr. Sven-Axel May, Leitender Oberarzt der Klinik für Neurochirurgie und Leiter des Neuroonkologischen Zentrums am Klinikum. Er übernahm nach Prof. Dr. Ralf Steinmeier, ehemals Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie und heute Medizinischer Geschäftsführer, die Behandlung.

In einer rund vierstündigen Operation konnte der große Tumor ohne weitere Komplikationen in den bildgebenden Grenzen komplett entfernt werden. Dafür wurden vor der OP Navigations-MRT und ein Aminosäure-PET-CT erstellt, um eine detaillierte Darstellung der Tumorausdehnung und eine optimierte Planung zu erhalten. Nach der operativen Entfernung erhielt Torsten Langner eine aggressive Strahlen- und Chemotherapie um die Tumorzellen im Randbereich weiter zu zerstören. „Die aggressive Strahlen-Chemotherapie ist für diese Art von Hirntumor nötig. Jedoch ist die Therapie belastend für das gesunde Gehirn“, sagt Dr. May. 

Nach Abschluss der Therapie hat die Leistungsfähigkeit von Torsten Langners Gehirn nachgelassen. Er vergisst viele Dinge und hat Wortfindungsstörungen. Daher übernimmt seine Ehefrau Sandra auch das Gespräch mit uns. Sie erzählt, dass Torsten Langner an der klinischen Studie „NOA-19“ der Deutschen Krebsgesellschaft teilnahm. Ziel war es, genau diese berichteten Denk- und Merkfähigkeitstörungen (Neurokognition) bei Patienten mit der Diagnose eines Glioblastoms im Behandlungsverlauf zu untersuchen. Mithilfe der Studienergebnisse sollen künftig Patienten hinsichtlich dieser Probleme besser unterstützt werden. „Torsten versucht mit Ergotherapie und Denkaufgaben sein Gehirn zu trainieren. Mit Zahlen hat er weniger Probleme als mit Buchstaben. Er löst gerne Sudoku“, erzählt seine Frau. „Er ist körperlich fit, kann seinen Alltag aktuell gut bewältigen. Aber er benötigt auch viel Unterstützung und ich muss ihm alles aufschreiben, damit er Termine und Aufgaben nicht vergisst. Er kann seinen früheren Beruf nicht mehr ausüben. Das war wirklich besonders schwer für ihn.“ Nach Anraten der Ärzte suchte sich Torsten Langner ein Hobby und kaufte sich ein Aquarium. Seit zwei Jahren betreut er liebevoll täglich einen Hund von Freunden aus seiner Nachbarschaft. „Das ist zu seiner Lieblingsaufgabe geworden“, sagt die 49-Jährige.

Als einer der ersten Patienten erhielt Torsten Langner nach seiner Operation, Bestrahlung und Chemotherapie eine heute etablierte Behandlungsform namens Optune. Optune besteht aus einem tragbaren Gerät, das in einem Rucksack aufbewahrt wird, und beschichteten Keramikplättchen, die auf der Kopfhaut angebracht werden. Die lokale, nicht-invasive Behandlung, kann zu Hause durchgeführt werden und sollte 18 Stunden täglich getragen werden. Behandelt wird das Glioblastom dabei mit Tumortherapiefeldern (elektrische Wechselfelder), die das Tumorwachstum unterdrücken. In einer klinischen Studie wurde gezeigt, dass Optune das Überleben von Patienten mit einem Glioblastom signifikant verlängern kann. „Torsten trägt das doch recht schwere Gerät diszipliniert täglich bis zu 24 Stunden“, sagt seine Frau. „Der Rucksack und die Kleber auf seinem Kopf gehören dazu. Die Diagnose ist heute in unseren Familienalltag übergegangen. Wir haben uns schnell damit arrangiert, dass mein Mann nicht mehr so funktioniert, wie vor seinem Hirntumor. Wir setzen andere Prioritäten, leben intensiver und schätzen jeden gemeinsamen Augenblick. Es ist fast ein Wunder, dass Torsten bei uns sein darf.“

Glioblastome haben eine hohe Tendenz, nach der Erstbehandlung erneut aufzutreten (Rezidiv). Torsten Langner gehört zu den fünf Prozent der Menschen, die nach der Diagnose länger als zwei Jahre leben. Er wird weiter engmaschig im Klinikum mit MRT kontrolliert und hat bis jetzt, 87 Monate nach Erstdiagnose, kein Tumorrezidiv.

Foto: privat

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